Die Liberalisierung des Eisenbahnwesens während der letzten Jahrzehnte hat den europäischen Bahnen nicht gutgetan:

Im Personenverkehr stagniert der Marktanteil seit 1995 EU-weit bei 7 Prozent. Nach der Pandemie ist der Modal Split im Jahr 2021 sogar auf 5,7 Prozent zurückgegangen. Im Güterverkehr sank der Anteil der Bahn von 15,6 Prozent im Jahr 1995 auf 12 Prozent.

Aktuell unternimmt die EU-Kommission einen weiteren Anlauf, der die ÖBB – aber auch andere Bahnen – in ihren Grundfesten erschüttern und gefährden kann: Das Erfolgsmodell der Direktvergabe soll zerstört und durch das Experiment der wettbewerblichen Ausschreibung ersetzt werden.
Damit drohen negative Auswirkungen auf die Arbeitsplätze und -bedingungen, die Qualität des Öffentlichen Verkehrs und die Chancen einer ökologischen Mobilitätswende. Dagegen haben die Gewerkschaft vida und die Arbeiterkammer nun die Kampagne unsere-bahnen.at gestartet, die dieses Verkehrsmittel als Rückgrat der längst fälligen Mobilitätswende vor den Vorhang holen soll.

DIE PSO-VERORDNUNG …
Guter und niedrigschwelliger Öffentlicher Verkehr ist nicht kostendeckend, sondern wird über öffentliche Gelder mitfinanziert. Die sogenannte PSO-Verordnung (PSO = Public Service Obligation) des Europäischen Parlaments regelt Organisation, Vergabe und Finanzierung dieser gemeinwirtschaftlichen Verkehre. Sie sieht im Eisenbahnpersonenverkehr die Wahlmöglichkeit zwischen Direktvergabe und wettbewerblicher Ausschreibung vor.
So hat es sich als sehr erfolgreich erwiesen, dass in Österreich und der Schweiz die Behörden auf eine vertrauensvolle und langjährige Zusammenarbeit setzten und den Auftrag zur Erbringung von Eisenbahndienstleistungen direkt an das Unternehmen ihrer Wahl vergeben.

Das Resultat: In keinem anderen europäischen Land wird so viel Bahn gefahren wie in Österreich und der Schweiz. Im Bahnverkehr gibt es einen hohen Anteil an Fixkosten: Energie, Schienenmaut oder Rollmaterial (also Lokomotiven, Triebwagen, Wagen, usw.) sind etwa für alle etwa gleich teuer.

Heinz Högelsberger