probahn.at – Die überparteiliche Fahrgastvertretung probahn ÖSTERREICH geht davon aus, dass Ziele und Ambitionen von Bundeskanzler Sebastian Kurz auch den Anliegen und Forderungen der Fahrgäste entsprechen. Neuer Stil, neues Denken, ökologisches Handeln sind insbesondere in der Verkehrspolitik entscheidend.

 

Drautal-Brücke in Kränen. Foto: ÖBB

Drautal-Brücke in Kränen. Foto: ÖBB

Vor allem kann es nicht darum gehen, die „Räder im Verkehrsbereich“ neu zu erfinden, sondern auf Kontinuität mit Augenmaß zu setzen. So betreibt die Schweiz ihre Verkehrslösungen seit Jahrzehnten, setzt Maßstäbe und Ziele, die unabhängig vom jeweiligen Regierungsteam umgesetzt werden. Denkbar wäre dabei auch eine Volksabstimmung als Richtungsentscheidung, analog zum Schweizer „Bahn 2000“. Dort wurde 1986 entschieden, wie der Bahnverkehr im Jahr 2000 umgesetzt werden sollte.

Unbestrittene Ziele formulieren

Vorweg muss sich die neue Bundesregierung über den derzeitigen Status quo einigen und klare Ziele formulieren, die österreichweit unbestritten sind:

  1. Der Anteil des Öffentlichen Verkehrs „Modal Split“ ist mit Ausnahme weniger Städte äußerst bescheiden, während der Autoverkehr österreichweit weiter boomt.
  2. Der steigende Energieverbrauch durch den boomenden Autoverkehr führt zu beträchtlichen Erdöl- und Erdgas-Importen – mit negativer Energiebilanz.
  3. Die Grundversorgung der Bevölkerung durch eine dichtes Bus- und Bahnnetz ist nicht gegeben, ein österreichweiter Taktfahrplan in allen Bundesländern nicht eingerichtet.
  4. Österreichweite unterschiedliche Tarife der sieben Verkehrsverbünde erschweren ein einheitliches Tarifsystem. Dies ist aber die Voraussetzung, zu einem einfachen, bargeldlosen Tarifsystem zu kommen, z.B. Südtirol Pass, Fairtiq in der Schweiz etc.
  5. Aufgrund der Bevölkerungsentwicklung rund um die Ballungsräume der Städte ist ein immenser Finanzierungsbedarf für Infrastrukturprojekte (Straßenbahnen, U-Bahnen, Oberleitungen) gegeben, die auch Investitionen in neue moderne Fahrzeuge notwendig machen. Ein Agglomerations-Fonds für Zukunfts-Investitionen erschiene zielführend (siehe Schweiz).
  6. Investitionen in Verkehrsleitsystemesollte dazu führen, den Autoverkehr in und rund um die Städte effizient abzuwickeln und auch zu reduzieren.
  7. Bei Infrastruktur-Projekten müssen Maßnahmen für den Öffentlichen Verkehr Vorrang vor dem Autoverkehr haben. Weitere Autobahnen und Schnellstraßen sollten vermieden werden, die Alternative Bahn-Ausbauten sollte jedenfalls immer geprüft werden.
  8. Im Güterverkehr sind Investitionen für eine Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Bahn ist nicht erkennbar.

 

Fazit

Im Regierungsprogramm zeigen sich einige innovative Ansätze, wobei im Gegensatz zur Vorgängerregierung sich eine „ Autolastigkeit“ abzeichnet. Gemäß dem Regierungsprogramm werden Autobahnen und Schnellstraßen ausgebaut, den ÖBB bei Bauprojekten ein Sparprogramm verordnet werden.

 

Österreich hat im Gegensatz zu Deutschland ein verlässliches, sicheres Bahnnetz entwickelt. Ein Einschnitt im Personalmanagement und ein Zurückdrehen beim Infrastruktur-Rahmen könnte fatale Konsequenzen haben. Die Sparpolitik der deutschen Bundesregierung sollte eine Warnung sein: Das deutsche Bahnnetz weist Lücken auf, die zu Verspätungen im Bahnverkehr geführt haben, das Einsparen von Personal führte in den letzten Jahren zu massiven Zugausfällen, Stichwort „Weichen-Chaos“.

 

Ein kompaktes, überzeugendes Regierungsprogramm mit Bekenntnis zum Vorrang des Öffentlichen Verkehrs für Klimaschutzmaßnahmen im Sinne der Menschen ist noch nicht in Sicht. Es gibt keine wie immer gearteten Zielvorgaben, wie z.B.: Wie soll der Modal Split 2022 aussehen? In welchem Ausmaß sollen Energieverbrauch und CO2-Emissionen des Verkehrs bis 2022 zurückgehen? Wie soll sich der Güterverkehr auf Schiene und Straße bis 2022 entwickeln? Der Ausdruck „Evaluierung“ zieht sich durch das Regierungsprogramm, und der Ausgang ist daher ungewiss.

 

Für probahn ÖSTERREICH

Peter Haibach

Sprecher