Wer in der Schweiz Bahn fährt, bekommt nicht mit, wieviele der 26 Kantone er durchfährt. Anders als in Österreich mit seinen neun Bundesländern, die großteils unterschiedliche Tarife und Tickets haben, hat die Schweiz ein ganzheitliches Tarifsystem. Hervorzuheben ist dabei, dass durch die hohe Qualität von Fahrzeugen und das dichte Fahrplanangebot sowohl das Zugpersonal als auch die Fahrgäste eine gewisse Ruhe ausstrahlen. Da gibt es kein Drängeln, sondern große Gelassenheit. Ein gewisses Selbstbewusstsein ist jedenfalls zu spüren. Ja, die Schweizer schätzen ihre Bahnen und lassen sich den Öffentlichen Verkehr auch  etwas kosten und die Touristen akzeptieren und erscheinen auch gelassen.

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FORUM MOBIL – Herausgeber Peter Haibach vor GLACIER EXPRESS, bereit zum Einsteigen.

 

Swiss Travel Pass erleichtert ein Kennenlernen der Schweizer Regionen

Die Schweiz bietet ausländischen Touristen einen günstigen 3, 4, 8 oder 12 Tage lang gültigen Swiss Travel Pass für die Fahrt auf allen Bahn-  und Buslinien, zahlreichen Seilbahnen und Schifffahrtslinien an, und selbstverständlich sind auch 90 Stadtverkehre sowie Gratiseintritt in über 500 Museen inkludiert. Gültig ab Grenze.

csm_Streckenkarte_INT_farbig_5f63a0a4d6Zwischenstopp in Zermatt mit neuen Erkenntnissen

Wer mit dem Panoramazug Glacier-Express reisen will, ist gut beraten eines der Endziele, St. Moritz im Kanton Graubünden oder Zermatt im Kanton Wallis bereits am Vortag anzusteuern. Ich bin im Regio-Express von Zürich aus Richtung Zermatt aufgebrochen und habe mich im Hotel Butterfly einquartiert. Übernachtungsmöglichkeiten gibt es ausreichend.

Wer im „Bergdorf“ Zermatt auf 1.608 m Höhe mit seinen ca. 6.000 Einwohnern ankommt, muss erkennen, dass aus dem Bergdorf eine Einkaufsstraße mit allen internationalen Luxus-Marken geworden ist. Der Ort ist autofrei bis auf E-Taxis, die recht dominant vorhanden sind und die Beschaulichkeit etwas trüben. Allerdings entschädigt ein Blick auf das zum Greifen nahe 4.478 m hohe Matterhorn.

Streift man durch den Ort zur nahegelegenen Kirche, entdeckt man auf dem einfach gestalteten Friedhof die Gräber zahlreicher hier abgestürzten Bergsteiger über die letzten 100 Jahre. Die atemberaubende Mächtigkeit des Matterhorns erklärt, dass sich viele an diese Herausforderung, „es zu bezwingen“, gewagt haben.

Fotograf Walter Mayerl mit Gattin Constanze studieren im GLACIER EXPRESS die vielen Details der Bahnreise. Foto: Peter Haibach

Fotograf Walter Mayerl mit Gattin Constanze studieren im GLACIER EXPRESS die vielen Details der Bahnreise. Foto: Peter Haibach

Gornergrat-Bahn besänftigt trüben Ausblick

Noch vor der Ankunft in Zermatt bekamen wir von einer sehr hilfsbereiten Zugbegleiterin den entscheidenden Tipp, sogleich die Bahnfahrt auf das 3.089 m hohe Gornergrat anzutreten. Gesagt, getan: Einchecken im Hotel, rüber zum Bahnhof und binnen 30 Minuten überwindet die Gornergrat-Bahn den Höhenunterschied von rund 1.400m.

Dadurch wird Zermatt aus der Vogelperspektive sichtbar. Vom Berghotel Gornergrat aus sieht man die höchsten Berge der Schweiz zum Greifen nahe: Dufour-Spitze im Monte-Rosa-Massiv, Weisshorn, die Zwillingsberge Castor und Pollux. Das kleine und große Matterhorn treten markant in Erscheinung. Bezaubert hat uns auch das zufriedene Lächeln der elf Monate im Jahr am Gornergrat tätigen Souvenir-Verkäuferin Daniela (mit Foto).

GLACIER EXPRESS von Zermatt nach St. Moritz

Nach einem gemütlichen, ausreichenden Frühstück mit den vielen Eindrücken des Vortages kann gelassen am Vormittag des nächsten Tages der Glacier Express bestiegen werden.

Schnell entwickelt sich zwischen Zugreisenden ein Gedankenaustausch über Erfahrungen und Eindrücke. Ich komme ins Gespräch mit Constanze Mayerl und ihrem Mann, seit zehn Jahren in der Schweiz wohnhafte Österreicher. Selbst sie, Kenner vieler Schweizer Bahnen, sind erstmals mit dem Glacier-Express unterwegs. Trotz des Erfahrungsaustausches wird wahrgenommen, dass unterschiedliche Landschaften durchfahren, enorme Steigungen mittels der ausgeklügelten Zahnradtechnik überwunden werden und dabei die drei Kantone Wallis, Uri und Graubünden passiert werden. Ein besonderes Erlebnis sind die 291 Brücken und 91 Tunnels auf der Strecke. Unzählige Kehren lassen Zugteile auf der Vorder- bzw. Rückseite erkennen. Vorbei geht es binnen weniger Stunden an Almwiesen, Weinbergen, lebhaften Städten und verschlafenen Dörfern, weiter entlang von grünen Wiesen, Schweizer Kühen, vorbei an schneebedeckten Bergen mit freien Blick auf gewaltige Gletscher. Die Weinberge auf 1.100 m Höhe sind die höchsten Reben nördlich des Alpenhauptkammes gemäss Familie Mayerl.

 

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Am Endbahnhof Gronergrat angekommen rückt das Matterhorn zum Greifen nahe. Foto: Walter Mayerl

 

GLACIER EXPRESS erfüllt den Traum vieler Bahnreisenden

Die gemütliche Ausstattung der Züge und die Möglichkeit, auf kuscheligen Lammfell-Sitzen (1. Klasse) atemberaubende Panorama-Blicke zu erhaschen, stellt manche öfter vor die Qual der Wahl, zwischen Ausblick oder gastronomischen Genüssen zu wählen. Der Glacier-Express schraubt sich in Serpentinen hinauf und hinunter. Die Kunst der Fahrgäste besteht darin, zwischen den kulinarischen Genüssen der drei Menü-Gänge auch fotografisch tätig zu sein.

Mit Begeisterung wird das zuvorkommende Zugpersonal wahrgenommen, das diesen Monat köstliche Speisen aus der Region Graubünden als Spezialität serviert neben den Schweizer Klassikern.  (siehe Foto). Das freundliche, mehrsprachige Zugpersonal bietet hier akrobatischen Leistungen beim Servieren der Speisen und Getränke, selbst bei ansteigenden oder absteigenden Gefälle. Der Anschein, Suppe und Getränke könnten einem entgegenkommen, tritt nicht ein.

Unsere Mitreisenden Constanze und Walter Mayerl genießen die Situation besonders. Als besondere Höhepunkte der Zugreise nehmen Sie das Landwasser-Viadukt wahr: Durch eine architektonische Meisterleistung wird anschließend mit drei Kehrtunnels die Hochebene des Engadin erreicht.

Mit der Rhätischen Bahn geht’s durch den Vereina-Tunnel zurück ins Rheintal und weiter nach Zürich. Die Eindrücke mit dem  GLACIER EXPRESS waren sicher eine Reise wert. Wie auch hier die Aussage „Der Weg ist das Ziel“ für uns richtig war: Die Eindrücke in Zermatt, die Auffahrt mit der Gornergrat-Bahn und das Kennenlernen des äußerst umsichtigen und selbstbewussten Bahnpersonals machten die Bahnreise unvergesslich.

 

Peter Haibach
Herausgeber FORUM MOBIL